Passivhaus+ contra "Aktivhaus"?  (11.11.2014)

Plus-Energiestandard, das ist das Haus als Kraftwerk. Es produziert mehr Energie, als seine Bewohner verbrauchen. Es deckt seinen Verbrauch aus Erneuerbaren Energien und speist Ökostrom ins Netz. Trotzdem gibt´s eine heillose Sprachverwirrung. Hier ein Versuch der Aufklärung und Abgrenzung vom "Passiv- zum Aktivhaus".

Unser green-X-Kollege Till Schaller hat im "Passivhaus+ Kompendium 2014" einen sehr guten Artikel geschrieben, hier die 2 Seiten die sich lohnen genau zu lesen. (Danke an Till und Herrn Laible)

Unsere klare Aussage hierzu: ein wie immer bezeichnetes neues Gebäude muss auf dem Passivhaus-Standard aufbauen und - sofern möglich - den Energiebedarf der insgesamt benötigt wird - durch eigene "Ernte" selbst decken. Ist die Bilanz dann in etwa "0" wäre es ein Null-Energiegebäude, wenn mehr "Ernte" eingefangen wird ist es ein "Plus-Energiehaus". Bisher haben wir dies bei 23 Gebäuden erreicht, weitere sind in der Planung bzw. im Bau!

Passivhaus (Feist PHI)

Der klar deffinierte Passivhaus-Standard ist eindeutig und tausendfach bewährt. Der leider etwas unvorteilhafte Namen kommt von den "passiven" Gewinnen, also keinem aktiven System das benötigt wird. Es wurde von Wolfgang Feist durch sein Reihenhaus in Darmstadt-Kranischstein 1990 bekannt und als damals unglaubliches Niveau etabliert. Die Kriterien des Passivhauses sind klar, es gibt kein zertifiziertes Passivhaus mit "hingerechneten" Werten oder "fast"-passivhaustauglichen Komponenten. Wer ein Passivhaus bestellt, der hat klare Vorgaben zu erfüllen.

Klar ist: nur ein zertifiziertes Passivhaus ist eines, denn ich behaupte, dass 80% der nicht zertifizierten Projekte keine sind und der Bauherr somit betrogen wird!

Passivhaus + oder Passivhaus-Plus (eigentlich gleich wie Plusenergie- oder Plus-Energiehaus)

ist ein (zertifizierten) Passivhaus, das durch eine PV-Anlage mehr Gesamtenergie erzeugt als es selbst verbraucht, eben ein "+" in der Gesamtbilanz hat.

Aktivhaus ("Erfinder" sind die Herren Fisch, Hauser, Hegger, Sobek...) :

Die Bezeichnung "Aktiv-Haus" ist ein nicht definierter Standard, der oft ein recht mieser energetischer Standard (Bsp. Haus "Fisch" in Warmbronn mit 45 kwh/m2a) ist. Auch die neueste Kreation auf dem Weissenhof - eine Steuerverschwendung ohne Ende - ist ein mieser KfW-70-Standard, also das was gerade noch genehmigt wird.

Bei den Kosten (ca. 580 €/m3) ist dies auch künftigen Bauherrn nicht zu vermitteln. Es wird als etwas Neues verkauft, wobei die Basis energetisch rel. schlecht sein kann, beim o.g. Projekt ist es definitiv´so!

Aus der "Erfindung" von Hegger, Sobek, Fisch und co:

"Das AktivhausPlus ist eine logische Weiterentwicklung bisheriger Gebäudestandards".  MW: nein, es ist ein Rückschritt und ist nicht klar definiert!

"Es stellt den Nutzer, seine Bedürfnisse und Fähigkeiten in ein neues Verhältnis zum Gebäude" MW: ??? Bahnhof...

"Energetisch beschränkt es sich nur darauf, den Energieverbrauch zu minimieren und den verbleibenden Bedarf möglichst autark und aus regenerativen Energien zu decken". MW: ohne klare Definition und Vorgaben... eine leere Worthülse!

"Das AktivhausPlus geht ein neues, fast symbiotisches Verhältnis zu seiner Umgebung ein und bezieht die Nutzqualität, Neubau und Bestand, das Quartier sowie die Mobilität konzeptionell mit ein". MW: Werbesprüche für die Vermarktung.... vor 10 oder 20 Jahren wäre das noch was Neues gewesen! Sorry, das ist kalter Kaffee...

 

Zum Haus "B10" in Stuttgart am Weissenhof:

Architekt Werner Sobek hat nun das E-Lab betitelte Haus am Bruckmannweg 10  (auch "B 10" genannt) fertig. Das 85 Quadratmeter (!) große Wohnhaus werde 200 Prozent des eigenen Energiebedarfs erzeugen und damit das benachbarte Haus von Le Corbusier mit versorgen können. MW: wie edel diese Geste! Aus einer kleinen Kiste dem alternden Le Cobusier-Bau noch etwas Rente abgeben. Und die Grundfläche ist nur 70 m2 gross, es wird (wie bei Bauträgern üblich) die Terrasse hälftig als Wohnfläche hinzugerechnet! Die echte Nutzfläche im Haus hat gerade mal 62 m2!

Mit einer Fertigbaufirma (Schwörer) wird ein "besonderes Gebäude" konstruiert: Holzständer auf einem Metallrahmen mit eine textile Membran als Außenhaut. Gedämmt wird mit Zellulose und VIP-Isolierpaneelen. Die zur Straße gelegene Hausseite (Nordseite!) wird voll verglast. Ein sündhaft teures Vakuumglas kommt extra aus China, die Rahmen aus der Schweiz. MW: althergebrachtes neu verpackt. Das haben die Österreicher schon vor Jahren gemacht. Die deutsche Förderung für ausländische Produkte ist da auch etwas zweifelhaft!

Auf dem Flachdach sind Fotovoltaikmodule für die Stromproduktion und im Garten ist der teure zwölf Kubikmeter großer Eistank als Pufferspeicher verbuddelt. Als weitere Besonderheit kann abends die Terrasse als Blickschutz vor die Fassade geklappt werden. MW: naja, PV gibt´s nach meiner Kenntnis schon seit über 20 Jahren auf und an Häusern. Für den derzeit grad wohl überall nötigen Eisspeicher hat mir noch niemand eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt. Und was der Gag mit der sündhaft teuren hochklappbaren Terrasse soll - Achtung vorher alles abräumen - ist wohl einigen spinnigen Studenten eingefallen.

Achtung hier geht´s um´s Geld: 2,1 Millionen Euro kosten Planung, Bau, Betrieb und Abbau des Hauses. Das Geld wird teilweise von der Industrie aufgebracht, die Stadt stellt kostenfrei das Grundstück.  Stattliche 1,77 Millionen Euro (!) fliessen aus Bundesmittel im Rahmen der Elektromobilität. Das E-Lab sei natürlich komplett recycelbar. MW: na super, für 85 m2, nein 63 m2 werden 2,1 Mille ausgegeben! Das macht rund 25.000 €/m2 Wohnfläche oder auf das Gebäude bezogen (Kostengruppen 300+400) wohl um die 18-20.000 €/m2! Heutzutage bauen wir Passivhäuser als Plus-Energiehäuser mit ca. 2.500-3.000 €/m2, also Faktor 10 weniger!

Ein Mitglied aus dem Gemeiderat der Stadt Stuttgart:  „Der charmante Gedanke bei dem Gebäude ist, das es 2016 wieder weg ist“! MW: ja, das finde ich auch, ich kann´s nicht erwarten!

Hier diverse Links zum Thema: